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Gedenken an die Opfer der Reichspogromnacht

Stolpersteinprojekt mit der Jahrgangsstufe 10

Am 4. November fand an unserer Schule bereits zum dritten Mal das Stolpersteinprojekt zum Gedenken an die Opfer der Reichspogromnacht statt. Ziel dieser Aktion ist es, den Schülerinnen und Schülern die Bedeutung lokaler Erinnerungskultur nahe zu bringen und die Schicksale der Menschen sichtbar zu machen, die während der NS-Zeit auch aus Krefeld vertrieben, deportiert oder ermordet wurden.

Nach einem kurzen Einführungsvortrag zur historischen Einordnung der Ereignisse vom 9. November 1938 machten sich die Klassen der Jahrgangsstufe 10 in Kleingruppen auf den Weg und gingen auf unterschiedlichen Routen durch die Krefelder Innenstadt. Ausgestattet mit Bürsten, Schwämmen und der WDR-App für die Biografieinformationen suchten sie die verlegten Stolpersteine auf, reinigten sie sorgfältig und beschäftigten sich intensiv mit den Lebensgeschichten der dort genannten Personen.

Unterstützt wurden die Zehntklässlerinnen und Zehntklässler dabei von engagierten Schülerinnen (Pola, Ann-Linnea, Sophie und Marie) der Einführungsphase sowie von Mitgliedern der Technik-AG, die die Aktion dokumentierten und organisatorisch begleiteten. Ihr Beitrag half, die Arbeit der Gruppen zu strukturieren und die Eindrücke für die Schulgemeinschaft festzuhalten. Erneut wurde das Projekt außerdem großzügig vom Förderverein unserer Schule finanziell unterstützt – ein Beitrag, der die Durchführung dieser wichtigen Gedenkaktion erst möglich macht.

Stießen die Gruppen in den vergangenen zwei Jahren auf großen Zuspruch interessierter Krefelderinnen und Krefelder, hat sich die Stimmung dieses Jahr in der Stadt leider zum Teil verändert. Neben vielen bewegenden Momenten machten einige Schülerinnen und Schüler auch irritierende und erschreckende Erfahrungen: So wurde eine Gruppen von einem älteren Passantenpaar angesprochen und gefragt, warum sie denn die Steine putzen, seien die Juden doch “nicht alle gut gewesen”. Dabei berief sich das Paar scheinbar unkritisch auf Aussagen eines ehemaligen SS-Mitgliedes aus der eigenen Familie.

Eine andere Gruppe wurde aufgrund des Gaza-Kriegs kritisiert: “Ihr putzt hier die Steine und in Gaza sterben Kinder.” Es ist sehr bedauerlich, dass hier weder zwischen der Politik des Staates Isreal auf der einen Seite und Jüdinnen und Juden auf der anderen Seite noch zwischen den unterschiedlichen Generationen differenziert wurde. Auch wird durch die Aussage versucht, den Holocaust als systematischer NS-Völkermord durch die aktuellen Leiderfahrungen des Gaza-Kriegs aufzuwiegen.

Diese Situationen wurden im Anschluss gemeinsam aufgearbeitet. Sie zeigen einmal mehr, wie wichtig es ist, Erinnerungskultur aktiv zu leben, Haltung zu zeigen und demokratische Werte zu verteidigen.

Viele Jugendliche zeigten sich tief bewegt davon, direkt an den ehemaligen Wohnorten der Opfer zu stehen und ihre Namen und Lebensdaten bewusst zu lesen. Das stille Innehalten sowie das Niederlegen einer Rose am Ende jedes Besuchs waren eindrückliche Momente, die noch lange nachwirkten.

In einer gemeinsamen Reflexion tauschten die Schülerinnen und Schüler ihre Erfahrungen aus und diskutierten darüber, warum Erinnerungskultur – gerade in der heutigen Zeit – unverzichtbar bleibt. Eine Schülerin betonte dabei: “Ich finde es sehr wichtig, dass man eben nicht nur über die Steine “stolpert”, sondern man sich ganz bewusst mit der Geschichte und den Einzelschicksalen auseinandersetzt.

Eine Auswahl der Ergebnisse der diesjährigen Stolperstein-Aktion wird außerdem am Tag der offenen Tür in Form einer Plakat- und Informationswand präsentiert. Interessierte Besucherinnen und Besucher können dort Einblicke in die Arbeit der Klassen gewinnen und die Geschichten der betroffenen Menschen kennenlernen.

KON / BER