Die Streitschlichtung an der Marienschule besteht aus vier Baustinen:
- Die Ausbildung der Streitschlichter
- Die Durchführung von Streitschlichtungen
- Werbung, Supervision, Information
- Unterrichtsübung “Anders Streiten”
1. Die Ausbildung der Streitschlichter
Schüler der 9. Jahrgangsstufe entscheiden sich freiwillig zur Ausbildung als Streitschlichter. Die Ausbildung erfolgt in einer wöchentlichen Zeitstunde über einen Zeitraum von 1 bis 1,5 Halbjahren. Wer sich für die Ausbildung entscheidet nimmt verbindlich an allen Terminen teil – oder scheidet bei mehrmaligen Fehlen aus.
Inhalte der Ausbildung sind:
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Nonverbale Kommunikation
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Verbale Kommunikation (offene und verdeckte Kommunikation)
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Ich-Botschaften und aktives Zuhören
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Empathie verwirklichen
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Die Einübung eines strukturierten Schlichtungsgespräches
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Die Organisation von Streitschlichtung an der Schule
Das Erlernen dieser Inhalte geschieht durch unterschiedliche Methoden und Sozialformen, die möglichst praktisch den Lerngegenstand verinnerlichen und einüben helfen. Hierzu zählen neben Gruppenarbeiten, v.a. die Durchführung von Rollenspielen (teilweise mit Videobeobachtung), Beobachtung und Bewertung von Rollenspielen, Gespräche nach dem Grundsatz “learning by doing” und Reflexion der eigenen Arbeit.
Am Ende der Ausbildung steht eine Prüfung, in der eine Streitschlichtung vollständig simuliert und anschließend bewertet wird.
2. Die Durchführung von Streitschlichtungen
Die ausgebildeten Streitschlichter haben die Möglichkeit in den praktischen Streitschlichterdienst einzutreten. Dazu übernehmen sie in 2er Teams eigenverantwortlich und selbstständig einen der fünf Wochendienste, in denen sie im Sanitätsraum in der 2. gr. Pause präsent sind und bei Bedarf Schlichtungen durchführen. So ist gewährleistet, dass das Angebot der Streitschlichtung an jedem Tag der Woche von Schülern wahrgenommen werden kann.
Ein Schlichtungsgespräch besteht aus folgenden Elementen:
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Begrüßung und Einleitung der Schlichtung
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Sachverhalt klären und (Streit-) Anteile finden
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Lösungen suchen und Verständigung finden
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schriftliche Vereinbarung formulieren
Um den Erfolg der Schlichtung zu überprüfen, wird ein weiterer Termin mit den Streitparteien vereinbart und ggf. neu geschlichtet.
Ziel ist, dass die beiden Streitenden (manchmal sind es auch mehr als zwei) miteinander reden und sich gegenseitig zuhören, um die Sichtweise des anderen kennen zu lernen. Meist gelingt es dann, sich in den anderen hineinzuversetzen. Das ist eine gute Grundlage gemeinsam über mögliche Lösungen des Konflikts nachzudenken. Die gefundenen Lösungen werden von den Konfliktpartnern in einer Art „Vertrag“ in einem Schlichtungsformular festgehalten, so dass nichts Wichtiges vergessen werden kann. Nur das wird in das Formular eingetragen, mit dem alle Beteiligten einverstanden sind. Deshalb gibt es nach der Streitschlichtung auch keinen Verlierer, im Gegenteil: Alle haben etwas gewonnen und sind Sieger.
Die Streitschlichter verstehen sich als Moderatoren. Sie diktieren keine Lösung, sie sind neutral, verurteilen und bestrafen nicht. Das Gehörte behalten sie für sich. Da die Streitschlichter selbst Schüler sind, können sie die Probleme der Konfliktparteien oft viel leichter verstehen, als dies ein Erwachsener kann. Wir trauen unseren Schülern diese selbstständige Art der Konfliktlösung zu, bleiben aber natürlich jederzeit bereit und ansprechbar für Schwierigkeiten, die nach wie vor von Erwachsenen begleitet werden müssen.
3. Werbung, Supervision, Information
Ohne Werbung und Information gäbe es keine Streitschichter und auch keine Schlichtungen. Daher helfen die Streitschichter kreativ mit, die Streitschlichtung unter den Mitschülern bekannt zu machen. Sie stellen die Streitschlichtung in den neuen Klassen der Jahrgangsstufe 5 vor, helfen am Tag der Offenen Tür bei der Präsentation, begleiten den Lehrer bei der Werbung neuer Auszubildender. Der Lehrer informiert zudem die Kollegen in Konferenzen.
Da die Schlichter ihren Dienst selbstständig versehen und nicht jeden Fall mit dem Ausbildungslehrer besprechen, findet in unregelmäßigen Abständen Supervision durch den Lehrer statt.
4. Unterrichtsübung “Anders Streiten”
Zur Einübung einer gewaltfreien Konfliktlösung und als Vorbereitung bzw. Hinweis auf das Angebot der Streitschlichtung wird in allen Klassen der Jahrgangsstufe 5 in einer Doppelstunde die Übung „Anders Streiten“ durch den Streitschlichtertrainer durchgeführt.
Grundintention:
Die Schüler und Schülerinnen sollen durch eine praktische Übung erkennen, dass eine sinnvolle Kommunikation der Schlüssel für eine Lösung von Konflikten darstellt, bei der beide Parteien als „Gewinner“ hervorgehen können.
Teilziele: Schülerinnen und Schüler sollen…
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Möglichkeiten benennen, wie im Alltag Konflikte gelöst werden und erkennen, dass im Regelfall ein Streit mindestens einen Verlierer hat, dass es aber möglich ist, dass beide Konfliktparteien Gewinner sein können.
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lernen in einer Rolle Gefühle, Erwartungen, Bereitschaften und Streitanteile zu verbalisieren.
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erkennen, dass durch gezielte Kommunikation eine Einigung im Konfliktfall möglich ist.
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die Streitschlichter als Partner für Konflikte, in denen Hilfe durch Dritte nötig ist, begreifen.
Jörg Lauterbach, Streitschlichtertrainer