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freier Wille

„Der freie Wille ist nur ein gutes Gefühl.“
(Wolf Singer, Direktor am Max-Planck-Insti­tut für Hirnforschung in Frankfurt a.M.)

31 Schülerinnen und Schüler der Philosophiekurse aus der 10. Jahrgangsstufe hat­ten gemeinsam mit ihren Lehrern Dr. Eilers und Dr. Hoff ein dickes Fragenpaket ge­schnürt, mit dem sie am 18. März den Besuch des Leiters der neurologischen Klinik im Helios Klinikum, Prof. Dr. Michael Stoffel, erwarteten. In einem interessanten Einführungsvortrag erfuhren sie zunächst einige Grundlagen unterschiedlicher Hirn­funktionen und –abläufe, die unsere Handlungen, aber auch Emotionen steu­ern. Er­gebnisse solcher Forschung offen­baren Zusammenhänge, über die sich nicht nur Lügenbarone überführen lassen, sondern auch richtig „schwere Jungs“. Denn tat­sächlich ist es möglich, Hirnveränderungen aktuell zu kontrollieren und daraus auch rechtsrelevante Ergebnisse abzuleiten.

Die aufmerksamen Zu­hörer/innen erfuh­ren, dass Vieles von dem, was wir unse­rem Ge­hirn zutrauen und ab­verlan­gen schon er­forscht und in Teilen auch mess- und dar­stellbar geworden ist, wenn auch bei Wei­tem noch nicht alles. Die Quantifizierung der Größe dieser beiden Areale, des be­reits Er­forsch­ten und des noch Er­forschba­ren, bleibt vorerst un­möglich und das Lüften weiterer Ge­heimnisse span­nend.

Im Unterricht hatten die Schüler/innen zu ergründen versucht, welche Verknüpfungen zwischen dem menschlichen Ich oder dem Charakter des Menschen und seinem oberen Steuerorgan, dem Gehirn, bestehen. Verschiedenste philosophische Ansätze waren dabei durchgespielt worden, gepaart mit einem guten Maß an Alltagslogik, woraus sich dann die Fragen an den Experten ergaben, der ausgiebig und zum Teil auch mit sichtbarem Vergnügen darauf einging. Kreisten die Fragen zunächst darum, welchen Anteil unser Gehirn an unserem Charakter hat, so liefen sie doch bald ganz konkret auf die Neugier nach der Position des Referenten hinaus, der dann auch auf die direkte Frage: „Sind Sie Physikalist?“ mit einem knappen „Ja“ antwortete. Diese Antwort entlarvte aller­dings keinen radikal denkenden Nihilis­ten, sondern einen phi­losophisch auf­merksamen Denker, der sich auf viele Probleme einlässt und den Austausch darüber sucht. So ist der Mensch schließ­lich doch nicht vollkommen wil­lensunfrei, aber doch nicht nur in dieser Hinsicht ein Gefühlsmensch.

Selten kommt es in der Schulsituation vor, dass nach Ablauf einer Doppelstunde ohne Pause das Ende dieser Einheit schlicht ignoriert wird, um den Gesprächsfaden nicht reißen zu lassen, hier war dies der Fall, was uneingeschränkt für den Reiz die­ser Veranstaltung spricht. Eine Wiederholung in der kommenden Stufe muss erwar­tet werden, zumal Prof. Stoffel für die Schülerinnen und Schüler ein sehr interessan­ter Gesprächspartner war.

Werner Lichtenberg