Gedanken zur Fastenzeit
Verzicht ist heute wenig modern!
Wir sind es gewohnt, dass bei uns immer alles sofort oder zumindest schnell verfügbar ist, jedenfalls für die meisten: Essen, Kleidung, Heizung, gutes Wohnen, digitale Kommunikation, Transportmittel, Freizeitvergnügen, Urlaub usw.
Andererseits stößt man in diesen Wochen durchaus auf privaten Verzicht und zahlreiche Fastenaktionen – für die Gesundheit, die Figur, aber auch aus sozialen und religiösen Gründen – oft mitleidig belächelt, aber auch bewundert.
Und Jesus? Hat er gefastet? Als frommer Jude hatte er feste Zeiten dafür.
Allerdings war er auch unkonventionell: Als seine Jünger Hunger hatten, erlaubte er ihnen, sich Ähren auf dem Feld sogar am Sabbat abzurupfen – sehr zum Verdruss der Frommen und Gesetzestreuen!
Worauf verzichtete er, außer zeitweise auf Nahrung?
Als Wanderprediger weitgehend auf ein bequemes Leben, eine eigene Familie, sicheren Unterhalt, geregelte Übernachtungen, zeitweilig sogar auf eine gesicherte Versorgung und vieles davon hat er auch von seinen Jüngern erwartet!
Daneben auch auf Anerkennung, Ruhm, Ehre, auch wenn Jesus durchaus etliche Zuhörer bei seiner Verkündigung und Bewunderer bei den Wundertaten, besonders den Heilungswundern, hatte. Daneben regte sich genügend Widerspruch bei den religiösen Führern seiner Zeit, nämlich soviel Gegenwehr, dass sie ihn umzubringen planten.
Ja, Jesus muss am Ende seines Lebens sogar auf dieses verzichten einschließlich eines fairen Prozesses, ehrlicher Zeugen, Bewahrung vor Folter, Unversehrtheit und ganz am Ende vermeintlich sogar auf die Nähe Gottes, seines geliebten Vaters (‘Mein Gott, mein Gottt, warum hast du mich verlassen?’ Mt 27,46; Mk 15,34).
Fastenzeit ist Passionszeit, also Leidenszeit: der Gottessohn leidet und verzichtet für die von Gott getrennten Menschen, die er erlösen und versöhnen will.
Gewinnt er etwas durch seinen Verzicht? Ja, Gottes unverbrüchliche Liebe, die Auferstehung und ewiges Leben. Und bei vielen Menschen Vertrauen und Nachfolge und Hingabe – bis auf den heutigen Tag.
Und wir? Was lernen wir von Jesus? “ Ich bin doch nicht Jesus!“ heißt es oft etwas lässig dahingesagt, wenn es um das eigene Handeln geht. Selbst wenn wir so verzichten würden, wie er es tat – können wir nicht dasselbe erreichen, nämlich uns und die Welt erlösen.
Aber wir brauchen es auch nicht, denn die Rechnung unserer menschlichen Schuld Gott und den Menschen gegenüber ist am Kreuz längst bezahlt. Das können wir nur dankbar annehmen.
Aber vielleicht sind wir doch besser ein wenig wie Jesus, indem wir von ihm lernen und uns immer neu von ihm inspirieren lassen: nicht jedem nach dem Mund reden und doch auf Rechthaberei, Gleichgültigkeit, Rachegedanken, Feindseligkeiten, auch verbaler Natur, etc. verzichten.
Uns vielmehr für Recht und Gerechtigkeit einsetzen, tätige Liebe zu unserem Nächsten zeigen. Jesus schließt in der Bergpredigt (Mt 5-7) selbst die Feinde darin ein!
Was bekommt man dafür? Manchmal ein mitleidiges Lächeln von kritischen Leuten, oft aber auch einen dankbaren Blick von denen, denen wir uns zugewandt haben. Und Gott freut sich ebenfalls!
Edelgard Moll