September 2024
Montag 23. September – Montag 30. September
- Polenaustausch
Organisiert durch die Villa Meerländer hatten im Februar etliche Deutsch- und Geschichtsgruppen aus der Marienschule und anderen Krefelder Schulen die einmalige Gelegenheit eine Zeitzeugin kennenzulernen, die am eigenen Leib die Verfolgungen des Nationalsozialismus zu spüren bekam: Eva Weyl ist eine heute 88jährige Niederländerin, die im Audimax des Campus Krefeld West der Hochschule Niederrhein sprach.
Von deutschen Juden abstammend, die früh in die Niederlande geflohen waren, wurde Eva Weyl von den Deutschen als Kind mit ihren Eltern ins Durchgangslager Westerbork verfrachtet und konnte dort nur wegen des Schutzes durch ihre Mutter und mehrmalige „Zufälle“ überleben.
Westerbork war eines der beiden Durchgangslager, von denen aus im deutsch besetzten Teil der Niederlande Juden in Konzentrations- und Vernichtungslager, also in den Tod, deportiert wurden. Das geschah von Westerbork aus mit 107.000 Juden in den Jahren 1942-1944, nur wenige überlebten. Jeden Dienstag fuhr ein Zug „nach Osten“, meist nach Auschwitz, Sobibór, Theresienstadt oder Bergen-Belsen. Eva Weyls Vater konnte Deutsch und damit in der Lageradministration verwendet werden – einer der Gründe, warum die Familie verschont bliebt.
Die heute 88jährige Eva Weyl gestaltete ihren Vortrag persönlich und erzählte ihre Familiengeschichte zum Teil aus der kindlichen Perspektive die sie damals hatte, zum Teil aus dem heutigen Wissen, dass sie und ihre Familie – im Gegensatz zu vielen anderen Juden und Oppositionellen – überlebt hat und nicht körperlich gefoltert wurde.
Spuren haben diese Erlebnisse trotzdem hinterlassen. Nach dem Krieg und während ihrer Berufstätigkeit hat Eva Weyl ihre Erlebnisse nicht öffentlich thematisiert. Später fing sie an, ihre Geschichte zu erzählen. Schließlich hat sie sogar mit der Enkelin eines Täters zusammen Vorträge gehalten – nach einer langen Zeit des Schweigens. Heute sagt sie: „Es gibt für mich nichts Schöneres als in Westerbork im Lager meine Geschichte zu erzählen und zu sagen. ‚Ihr habt mich nicht gekriegt!'“
Hier noch ein paar Zitate von Eva Weyl, die uns wichtig erschienen:
„Ich sehe hier viel mit Migrationshintergrund. Ihr könnt vielleicht nachvollziehen, was ich gefühlt habe. Aber jetzt lebt Ihr in Deutschland. Ihr seid frei. Deswegen ist es wichtig, auch die Geschichte zu kennen und die Freiheit zu schützen. Nie wieder ist jetzt.“
„Keiner von Euch ist verantwortlich für die Vergangenheit. Aber wir sind alle verantwortlich, dass die Vergangenheit nicht vergessen wird.“
„Die Menschen, die Verfolgung durch den Nationalsozialismus erlebt haben, werden bald nicht mehr sein. Aber Ihr könnt Zweitzeugen sein – Ihr habt noch jemanden gehört, der davon berichten konnte. Werdet Zweitzeugen!“