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Weltwärts – aber ohne „white saviourism“

Unsere Schülerinnen und Schüler der Q1 hatten heute Gelegenheit, sehr interessanten Erfahrungen zu lauschen und Zukunftsträume zu entwickeln: Weltwärts heißt das Programm, das Freiwilligendienste gemeinnütziger, sozialer, kultureller oder ökologischer Natur in Länder des Südens vermittelt. Dies geschah ganz aus erster Hand durch zwei Referentinnen: Tabea Dehn, die vor rund einem Jahr in Ruanda war und Anna Steinacher, die bei Misereor zuständig für Freiwilligendienste ist. Wir als Marienschule haben eine Kooperation mit Misereor. Misereor ist eine der Organisationen, die Jugendliche bis 28 Jahre „weltwärts“ schickt mit einem Förderprogramm, das finanziell getragen wird vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.

Das Besondere an Misereor: Die gute inhaltliche Vor- und Nachbereitung, die Zusammenarbeit mit langjährig bekannten Partnerorganisatoren vor Ort. Die 8-15 Jugendlichen, die von Misereor entsendet werden, werden also nicht einfach in ein Flugzeug gesetzt und müssen dann sehen, wie sie im fremden Land zurechtkommen, sondern haben z.B. Mentoren, die praktische Tipps geben (z.B. da und da ist der Markt, da kaufst Du am besten das an, es kostet soundso viel), die aber auch die Gefühle kennen, denen Freiwillige häufig ausgesetzt sind, beispielsweise in der schwierigen Phase des Ankommens.

Warum macht man so einen Freiwilligendienst?

Tabea Dehn gibt zu: Nach dem Abitur habe sie zuerst die Vorstellung gehabt, in Afrika armen Menschen helfen zu wollen. Aber das sei nicht ganz die richtige Motivation. Sie habe sich fragen müssen: Was kann ich überhaupt als unqualifizierte Abiturientin wirklich für die Leute hier tun? Die Erkenntnis: Hilfe muss qualifiziert und nachhaltig sein. Sie brauche Struktur und Einbindung in eine Struktur. Zudem wüssten doch die Menschen vor Ort wüssten doch am besten, was gut für sie ist.

Diese Haltung als Weißer „mit Entwicklungshilfeköfferchen und hochgekrempelten Ärmeln“, wie Anna Steinacher karikiert, nach Afrika zu gehen und die Menschen dort zu belehren wie man z.B. Brunnen baut nennt man im Fachjargon „white saviourism“. Ein nachdenkenswerter Begriff!

Was kann aber dann Motivation und Nutzen des Freiwilligendienstes sein? Tabea Dehn erzählt lebendig und überzeugend: Es ist das persönliche Wachstum, der Austausch, Freundschaften, Weltverstehen und „Ich habe ein Zuhause in Ruanda!“

Entwicklungshilfe ist keine Einbahnstrasse. Ihr Mentor aus Ruanda hat vor Jahren umgekehrt ein Jahr in Deutschland verbracht und sich hier auf seine Weise entwickelt. Er jedenfalls kann nachvollziehen, wie man sich fühlt, wenn man allein ohne den gewohnten Freundeskreis im Ausland ist und konnte mit dieser Erfahrung Tabea helfen.

Wer entwickelt sich wie? Das ist dann die Frage, die hinter Entwicklungshilfe auch steht. Kann nicht auch Deutschland als ein Land mit Entwicklungspotential betrachtet werden, z.B. was persönliche Wärme angeht? Tabea erzählt, dass sie Dinge vermisst hat, als sie aus Ruanda nach Deutschland zurückkam. Was ist das für ein Befremden, wenn man in der Drogerie vor einem Regal mit 25 Sorten Zahnpasta steht und vor zwei Wochen noch in Ruanda auf dem Markt gehandelt hat? Die Begleitung der Rückkehrerinnen und Rückkehrer gehört auch zum Begleitprogramm bei Misereor.

„Es gibt keinen Tag, an dem ich nicht an den Freiwilligendienst denke“, sagt Tabea Dehn. Die Zeit in Ruanda hat sie sicher geprägt und einen weltoffeneren, verständigeren Menschen aus ihr gemacht. Eine, die von ihren Erfahrungen lebendig, überzeugend und mitreißend erzählen kann. Und das ist auch ein Beitrag zu einer besseren Welt.

Wenn Ihr Euch für einen Freiwilligendienst interessiert: „Weltwärts“ wird von verschiedenen Organisationen angeboten, bei denen Ihr Euch bewerben könnt.

Eine davon ist Misereor: www.misereor.de/mitmachen/freiwilligendienst

Schaut auch bei Instagram oder Youtube.