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Besuch im Nierenzentrum des Helios Klinikums Krefeld

Am 25. Januar besuchte Frau Dr. Liepelt mit ihrem Biologiekurs in der Einführungs­phase das KfH-Nierenzentrum im Helios Klinikum. Inhalte des Projektes waren die Ar­beitsweise Nieren die Möglichkeiten einer Behandlung im Falle einer Erkrankung oder gar eines Totalausfalles dieses wichtigen Organs.

Im ersten Abschnitt erhielten die Schüler/innen zwei anschauliche Vorträge durch Frau Dr. Gabriele Schott, Internistin mit Schwerpunkt Nephrologie am Klini­kum, und durch den Leitenden Pfleger der Dialysestation Herrn Hubert Stassen. Hierbei wurde zunächst etwas Unterricht aufgearbeitet, kurz die Niere mit ihrem „Ar­beitsbereich“ erläutert, um anschließend zu den Störungen in diesem Arbeitsbereich zu kommen. Dieser Teil der 90minütigen Ausführungen interessierte die Schü­ler/innen ganz besonders, ging es doch endlich darum, der Praxis ein Stück näher zu kommen. Mithilfe von reichlich Anschauungsmaterial, das die Schüler/innen auch selbst in die Hand nehmen und ausprobieren konnten, stand natürlich die Dialyse im Mittelpunkt. Die interessierten Zuhörer erfuhren etwas über die Geschichte dieser inzwischen knapp 90 Jahre alten Methode einer sogenannten „Nierenersatztherapie“, die der Deutsche Georg Haas 1924 erstmalig durchgeführt und der der Niederländer Willem Kolff 1945 mit seinem Trommeldialysegerät zum Durchbruch verholfen hatte. Dabei wird noch heute in einem osmotischen Verfahren über eine Membran eine Reinigung des Blutes vorgenommen.

Die Schüler/innen lernten den Unterschied zwischen der Hämo- und der Peritoneal­dialyse oder auch Bauchfelldialyse kennen, die beide bei Niereninsuffizienz zum Ein­satz kommen. Wichtig war dabei auch zu erfahren, dass die Anzeichen eines begin­nenden Nierenversagens selten sofort auf die richtige Spur führen, da die Symptome zum Teil auch auf andere Krankheitsbilder zutreffen. Sollte die Diagnose aber erst einmal feststehen, werden die Patienten, sofern dazu die Zeit besteht, medizinisch auf die Dialyse vorbereitet. Dazu gehört neben zahlreichen Untersuchungen die ausführliche Information über die verschiedenen Dialyseverfahren. Entscheidet sich der Patient für die Hämodialyse ist das Legen eines Shunts, über den später die Dialyse erfolgen wird erforderlich. Dabei wird im Idealfall am Unterarm durch Verbindung von Vene und Arterie ein großvolumiges Gefäß ge­schaffen, das den Blutab- und -zulauf ermöglicht.

Quelle: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Radiocephalic_fistula.svg&filetimestamp=20080926163250

Diese Form der Dialyse ist die in Deutschland am häufigsten vorgenommene, die grundsätzlich vom Patienten einen ausreichend stabilen Kreislauf verlangt. Aus medizinscher Sicht sind häufig beide Dialyseverfahren möglich, so dass die Auswahl  des Verfahrens mit dem Patienten gemeinsam,  individuell und an die Lebensumstände des Patienten angepasst erfolgen sollte.

 

 

Nach einer kurzen Pause und einer kleinen Stärkung kam für die Schüler/innen ein Teil, der ganz besonderes Interesse hervorrief, es ging auf die Dialysestation, direkt zu den Patienten. Um deren Belästigung im Rahmen zu halten, wurde der Kurs in zwei Gruppen aufgeteilt, die dann jeweils an einem an der Dialysemaschine liegen­den Patienten konkret den Ablauf der Dialyse erläutert bekamen. Dabei staunten die Schülerinnen nicht nur über die fachliche Kompetenz des Pflegers – bei manchen schien der Eindruck vorzuherrschen: der darf das gar nicht wissen – sondern vor al­lem über den Aufwand, der hinter einer Dialyse steckt. Dieser reicht vom Erstellen eines Zeitplans, der die individuellen Lebensumstände eines jeden Patienten ein­schließlich immer wieder einmal anstehender Familienfeiern und damit verknüpfter Verschiebungen berücksichtig, und zwar bei Terminen rund um die Uhr, bis zur medizini­schen und menschlichen Betreuung während der Dialyse selbst. Auch wenn die Pa­tienten alle ihre individuellen Ernährungspläne haben und auch einzuhalten versu­chen, so ist doch keine Behandlung zweimal die gleiche. Hier kommt es also immer wieder zu aktuellen Absprachen über den Verlauf, wie viel Blut „gewaschen“ werden soll, wie viel Flüssigkeit entzogen wird usw. Schließlich durften die Schüler/innen bei „ihrem“ Patienten auch einmal den Shunt befühlen und das Durchrauschen des Blu­tes über ein Stethoskop abhören. Nicht nur dies ließ der Patient geduldig mit sich geschehen, er stand auch Rede und Antwort auf alle an ihn gerichteten Fragen. So erfuhren die Schüler/innen z. B. etwas darüber, wie die Dialyse den Lebensrhythmus formt, wie sehr sie den Patienten erschöpft und vieles mehr. Das Interesse hätte noch für weit mehr gereicht, aber der nächste Höhepunkt saß bereits im Schulungs­raum.

 

Dort warteten drei Personen mit ihrer individuellen und beeindruckenden Geschichte auf die Gruppe. Zunächst stellte sich ein sehr agiler 58jähriger Patient vor, der sich für die Bauchfelldialyse entschieden hatte. Er berichtete in lockerem Plauderton, aber aus­gesprochen informativ über sein Leben mit der Dialyse, die sein Leben stark verän­dert hat. Er wurde im Berufsleben von seiner Niere im Stich gelassen und musste sich vollständig neu zurechtfinden. Nach intensiven Beratungen entschied er sich für die Bauchfelldialyse. Dabei wird über einen Bauchfellkatheter eine Dialyseflüssigkeit eingeleitet, wobei das Bauchfell hier die Membranfunktion übernimmt, und nach dem Prinzip der verbundenen Gefäße nach einer gewissen Zeit wieder ausgeleitet. Da dieser Vorgang bei dem Patienten viermal täglich 30 Minuten betrifft, ist es ihm mög­lich, damit auch seinen Beruf weiterhin auszuüben und schließlich auch wieder sei­nem Freizeitsport, dem Skifahren, zu frönen. Nach einer gewissen Ein- und Umge­wöhnungszeit sieht der Patient sein Leben inzwischen kaum eingeschränkt.

 

Der andere Patient sieht diese Vorgänge bereits als der Vergangenheit angehörend. Ihn allerdings hatte das beschriebene Verfahren aufgrund zusätzlicher Krankheitsbil­der wesentlich intensiver getroffen. So verbrauchte er z. B. monatlich ca. zwei Ku­bikmeter Dialysematerial, das ihm über das Kuratorium für Dialyse direkt auf jeweils zwei Paletten ins Haus geliefert wurde. Er wohnte am Ende zwischen Regalen, die seine notwendigen Flüssigkeiten und weitere Materialien aufnahmen. Schließlich stand er vor der Frage nach einer Transplantation und in diesem besonderen Fall sogar von der eigenen Ehefrau. Die Verträglichkeit war gegeben, allerdings dauerten die not­wendigen Untersuchungen der Frau ein knappes Jahr, denn es musste nach menschlichem und medizinischen Ermessen möglichst sichergestellt sein, dass die Frau mit ihrer verbleibenden Niere keinen gesundheitlichen Schaden zu erwarten hatte. Nachdem dies so festgestellt war, musste eine Ethikkommission entscheiden, ob das Verhältnis der Eheleute zueinander durch diesen Schritt nicht negativ beein­flusst werden könnte. Nach dieser zeitaufwändigen Prozedur kam es zur Transplan­tation, und die beiden Eheleute, die in vier Jahren ihre Goldhochzeit feiern wollen, wie sie beide stolz verkündeten, strahlten so viel positiven Lebenswillen und Le­bensfreude aus, dass die Schüler/innen damit ein ganz besonderes Erlebnis hatten.

 

Der letzte Teil des Projektmarathons ergab sich aus dem Gehörten natürlich logisch zwingend: Die Thematik der Organspende. Die Schüler/innen harrten bis jetzt bereits viereinhalb Stunden mit höchster Konzentration aus und mühten sich auch jetzt noch um Aufmerksamkeit für das, was ihnen der katholische Krankenhausseelsorger und klinische Ethikberater Pastoralreferent Ekkehard Rüdiger zu sagen hatte. Dabei wurde zunächst einmal über die Regularien einer Transplantation informiert, aber auch über die gängigen „Vorkenntnisse“ einer Organspende gegenüber. Wichtig war vor allem die Klarstellung, dass sowohl entnehmender Arzt als auch transplantieren­der keinerlei Kontakt zueinander haben, da die Vermittlung von Organen über Eu­rotransplant in Leyden vorgenommen wird. Außerdem ist es ein, wenn auch nahelie­gender, Irrtum zu glauben, dass man als potentieller Spender bei einer Erkrankung oder nach einem Unfall schlechter gepflegt wird, um schneller zum Spender zu wer­den. Gerade potentielle Spender benötigen eine ausdauernde Pflege, da das Organ so gut wie möglich erhalten werden muss. Diese und weitere Aspekte ethischer Art wurden vorgetragen und kommentiert aus der Sicht geltender Ethik.

 

Die gesamte unterrichtsbegleitende Maßnahme war für die Schüler/innen auch am nächsten Tag noch ein interessantes Erlebnis, das den Unterricht in ungewöhnlicher Weise bereichert hat und in jedem Fall seine Wiederholung und auch Fortsetzung erfahren wird, um möglichst vielen diesen Vorteil des Lernens zu ermöglichen. Zu­sätzlich ist daran gedacht, den letzten Teil der Veranstaltung einem großen Publikum und unter Hinzuziehung weiterer Mediziner und Ethiker in der Schule zugänglich zu machen, damit sich Schüler/innen und Eltern selbst ein Bild von den Notwendigkeiten und Möglichkeiten der Organspende machen können, außerhalb der Medien und möglicher unterstellter Verbandsinteressen, dies aber wird noch einer Weile der Pla­nung bedürfen.

Werner Lichtenberg